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Welche Rolle spielt die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablierende Bildungseinrichtung Kunstgewerbeschule in der Suche nach einer neuen Architektur? Wie unterscheidet sich der Unterricht von denen an anderen Ausbildungsstätten? Wie trägt dieser zu einem neuen Verständnis von Material, Objekt und Raum bei? Die Veranstaltung setzt sich zum Ziel, die bisher kaum betrachtete Architekturlehre an Kunstgewerbeschulen aus fachlicher, didaktischer, personeller und baulicher Perspektive zu diskutieren und konkrete Unterrichtskonzepten und -inhalte, die lokal oder überregional an den Schulen gelebt wurden, in den Blick zu nehmen.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielten Kunstgewerbeschulen neben den Technischen Hochschulen, Akademien und Baugewerkschulen eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Architekturausbildung. Im Zuge der Umwandlung der Polytechnischen Schulen zu Technischen Hochschulen und der einhergehenden Akademisierung ihrer Ausbildung wandelte sich ihre Klientel, da nun das Abitur für die Aufnahme vorausgesetzt wurde. Für künstlerisch, handwerklich und technisch begabte Schülerinnen und Schüler ohne Hochschulzugangsberechtigung entstand eine Lücke, in die die noch junge Institution der Kunstgewerbeschule rückte. Diese hatte sich ausgehend von den großen Gewerbeschauen bei den Weltausstellungen in London 1851 und 1862 sowie in Paris 1867 entwickelt. 1867 gründete der Verein „Deutsches Gewerbe-Museum zu Berlin“ zur Förderung der Kunstindustrie das Kunstgewerbemuseum zu Berlin und 1868 nach englischem Vorbild die dazugehörige „Unterrichts-Anstalt“. Reichsweit folgte rasch die Einrichtung zahlreicher weiterer Kunstgewerbeschulen, doch nur wenige sahen in ihrem Lehrplan neben Fächern wie Ornament- und Figurenzeichen, Modellieren, Bildhauerei oder Dekorationsmalerei auch besondere Architekturklassen vor. Um 1900 aber setzte das junge Schulformat im Zuge der Kunstgewerbereform und des zeitgleichen handelspolitischen Expansionsdrangs des Deutschen Kaiserreichs sowie den Forderungen des 1907
gegründeten Deutschen Werkbunds vorauseilend, die Verbindung von Kunst, Handwerk und Technik bzw. das Zusammenwirken von Material, Objekt und Raum in den Mittelpunkt seiner Lehre und avancierte so zum avantgardistischen Motor einer neuen Architektur.
Anmeldung
Anmeldung zur Tagung per Mail möglich bis zum 18. November 2024:
architekturlehrefh-dortmundde