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HaMoSEP

FH Dortmund baut Forschungsraum für Hautmodelle auf

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„Der neue Forschungsraum ist mehr als nur ein Labor für ein konkretes Forschungsprojekt, er wird auch Teil der Ausbildung an der FH Dortmund sein“, betont Prof. Dr. Jens Kirchner (rechts).

Mit dem Projekt „HaMoSEP“ stärkt die Fachhochschule Dortmund ihre biomedizintechnischen Kompetenzen. Gefördert vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt entsteht am Fachbereich Informationstechnik ein Forschungsraum, der Forschung und Lehre eng verbindet. Im Fokus stehen Hautmodelle als Schlüssel für Prothetik und Energieübertragung.

Das Akronym „HaMoSEP“ steht für „Hautmodelle in der Biomedizintechnik – Simulationen, Experimente und Patientenindividualisierung“ und beschreibt den interdisziplinären Ansatz des Projekts. „Die Haut ist die zentrale Schutzbarriere des Körpers, aber gleichzeitig auch eine wichtige Schnittstelle für viele medizintechnische Anwendungen – von der Befestigung von Prothesen bis hin zur Energie- und Datenübertragung bei Implantaten", erklärt Prof. Dr. Jens Christoph Kirchner. Er lehrt am Fachbereich Informationstechnik der FH Dortmund und leitet das Projekt gemeinsam mit Prof. Dr. Jörg Thiem und weiteren Wissenschaftler*innen der Hochschule. „Unsere Idee ist es, umfassende Modelle der Haut zu entwickeln, um genau diese Schnittstellenfunktion besser zu verstehen und bei der Entwicklung neuer Anwendungen berücksichtigen zu können.“

Das Besondere am Projekt: Es kombiniert computerbasierte Simulationen mit experimentellen Hautmodellen und Messungen an Probanden mittels bildgebender Verfahren. „Wir verfolgen einen umfassenden Ansatz mit Simulationen, Laborversuchen und klinischer Praxis", betont Prof. Kirchner. „Die Studierenden können die Theorie aus den Lehrveranstaltungen in Simulationen umsetzen, diese dann auch experimentell prüfen und die Übertragung in die klinische Anwendung nachvollziehen."

Konkrete Anwendungsfelder

Im Zentrum der Forschung stehen zwei medizintechnisch relevante Anwendungsszenarien: Die Prothetik und die kabellose Energieübertragung bei Implantaten. „Prothesen müssen fest am Stumpf befestigt werden, was die Durchblutung der Haut beeinträchtigen kann“, sagt Prof. Kirchner. „Wir untersuchen, was mit der Durchblutung passiert, wenn starker mechanischer Druck ausgeübt wird, und wie Prothesen designt werden können, damit die Hautdurchblutung möglichst erhalten und das Hautgewebe gesund bleibt.“

Das zweite Anwendungsfeld betrifft Herzunterstützungssysteme. Diese lebensrettenden Pumpen werden derzeit über ein Kabel mit Energie versorgt, das durch die Bauchdecke führt und ein erhebliches Infektionsrisiko darstellt. „Die induktive Energieübertragung, wie sie bei anderen Implantaten etwa am Ohr bereits Standard ist, wäre auch hier wünschenswert“, sagt Prof. Kirchner. „Die Herausforderung liegt in den deutlich größeren benötigten Energiemengen, die zur Erwärmung der Haut und im schlimmsten Fall zu Verbrennungen an der Übertragungsstelle führen können. Hier ist die Durchblutung der entscheidende Faktor für den Abtransport der Wärme.“ Das Projekt zielt darauf ab, Übertragungssysteme so zu entwickeln, dass Verbrennungen vermieden werden.​​

Prof. Dr. Jörg Thiem

Der Forschungsraum und seine Ausstattung bieten aber auch über die zunächst fokussierten Anwendungsfelder hinaus umfangreiche Nutzungsmöglichkeiten und Anknüpfungspunkte für weitere Forschungs- und Promotionsvorhaben. Noch im Laufe des bewilligten Projekts sollen hierzu weitere Forschungsfragen identifiziert, konkretisiert und in der Hochschule verankert werden, wie zum Beispiel die Erfassung der Mikrozirkulation onkologischer Prozesse in der minimalinvasiven Chirurgie oder die Bewertung des Fortschritts von Diabetes und diabetischen Wunden.

Ein weiterer Baustein des Projekts ist der Abgleich der Hautmodelle mit den Eigenschaften echter Haut. Hier kommen bildgebende Verfahren ins Spiel, mit denen individuelle Hautparameter von Patient*innen erfasst werden können. „Wir untersuchen, wie wir aus Bildaufnahmen der Haut Parameter wie Durchblutung und Dicke der Hautschichten rekonstruieren können", erklärt Prof. Thiem. „Diese Verfahren erlauben es dann auch, Modelle individuell für die Patient*innen zu entwickeln und so zum Beispiel die Prothesen individuell zu optimieren.“ Neben optischen Verfahren und MRT sollen auch Impedanzmessungen zum Einsatz kommen.

3,3 Millionen Euro Förderung

Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt fördert das Projekt mit insgesamt 3,3 Millionen Euro über vier Jahre. An der FH Dortmund ist neben den Expert*innen der Biomedizintechnik auch ein Ethiker der Sozialwissenschaften eingebunden. Darüber hinaus kooperiert die FH in diesem Projekt mit der Hautklinik am Klinikum Dortmund, dem Fraunhofer-Institut ISC in Würzburg, der Dortmunder Bundesfachschule für Orthopädie-Technik und dem Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften.

Die Förderung zielt auf eine enge Verzahnung von Forschung und Lehre ab. „Der neue Raum ist mehr als nur ein Labor für ein konkretes Forschungsprojekt, er wird auch Teil der Ausbildung an der FH Dortmund sein“, so Prof. Kirchner. „Studierende können etwa Themen aus den Grundlagenvorlesungen in Physik und Medizin direkt an den Modellen nachvollziehen und ihre Auswirkungen in der Medizintechnik wortwörtlich begreifen. Wir werden aber auch ganz neue Lehrveranstaltungen zu den Forschungsthemen entwickeln, die den Raum interaktiv nutzen. So wird der Leitgedanke der Hochschule, die Einheit von Forschung und Lehre, aktiv gelebt und in den aufzubauenden Räumlichkeiten auch physisch greifbar“, so der Wissenschaftler.  

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