Das Bedarfs- und Kapazitätsmanagement (BKM) ist ein elementarer Bestandteil des Supply-Chain-Managements der Automobilhersteller. Aufgabe des BKMs ist es, den Ressourcenbedarf, der sich aus der erwarteten oder bereits realisierten Marktnachfrage ergibt, mit den Kapazitäten und Restriktionen der Lieferkette und des Produktionssystems zu synchronisieren (Abbildung 1). Eine wesentliche Herausforderung für das BKM besteht in der Unsicherheit und Volatilität der Anforderungen, die sich aus der Produktvielfalt ergeben. Informationstechnologie unterstützt zunehmend erfolgreich die komplexen BKM-Prozesse, wobei alle Systeme auf eine effiziente und ganzheitliche Produktrepräsentation angewiesen sind.
Die Automobilindustrie sieht sich derzeit mit zwei bedeutenden Trends konfrontiert. Zum einen bewirkt die Diversifizierung des Antriebsstranges (insbesondere im Kontext der E-Mobilität) Veränderungen in der physischen Fahrzeugarchitektur. Zum anderen führt die Digitalisierung des Autos (z. B. autonomes Fahren) neue und veränderte Abhängigkeiten zwischen Komponenten ein (z. B. die Kompatibilität von Hardware und Software). Diese neuen und veränderten Abhängigkeiten sind bei der Entwicklung einer Produktrepräsentation für das automobile BKM angemessen zu dokumentieren. Das Ziel der Dissertation von Daniel Fruhner ist eine effiziente und flexible Produktrepräsentation für das BKM der Automobilhersteller zur Abbildung logistikrelevanter Informationen digitalisierter Fahrzeuge.
Durch die beschleunigten Veränderungen des Automobils ist ein flexiblerer und effizienterer BKM-Prozess erforderlich. Dem BKM-Prozess liegen heute jedoch nicht alle benötigten Informationen zugrunde. Um dieses Problem zu adressieren, werden die Prozesseigenschaften anhand der Prozessvarianten des BKMs identifiziert. Durch eine Literaturrecherche und Experteninterviews werden Anforderungen und Produktinformationen aus den Unternehmensbereichen ermittelt, die in die Produktrepräsentation einfließen müssen. Die Produktinformationen aus den Unternehmensbereichen werden analysiert und segmentiert. Anforderungen und speziell Produktinformationen (Digitalcharakteristika), die durch die zunehmende Digitalisierung des Automobils zur ganzheitlichen Darstellung in die Produktrepräsentation integriert werden müssen, werden extrahiert.
Durch die Digitalcharakteristika entstehen neue zu integrierende Abhängigkeiten, da sie Einfluss auf die Logistik haben. Zur Auswahl der Datenstruktur und des Konzeptes für eine effiziente und flexible Produktrepräsentation für den BKM-Prozess erfolgt eine weitere Literaturrecherche. Auf Basis der Ergebnisse wird eine graphbasierten Ontologie der effizienten und flexiblen Produktrepräsentation konzipiert, welche die logistikrelevanten Informationen digitalisierter Fahrzeuge abbildet (Abbildung 2). Anhand eines realen Anwendungsfalls eines deutschen Automobilherstellers wird die effiziente und flexible Produktrepräsentation prototypisch umgesetzt und validiert.
Daniel Fruhner absolvierte den Bachelor und Master im Studiengang Informatik an der Fachhochschule Dortmund. Nachdem er drei Jahre praktische Erfahrungen als Softwareentwickler für eingebettete Systeme in der Automobilbranche gesammelt hat, wechselte er zurück an die Fachhochschule Dortmund. Datenstrukturen und Wissensrepräsentationen der Automobillogistik waren seine Forschungsschwerpunkte als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Von 2016 bis 2022 promovierte er zum Doktor-Ingenieur im Rahmen einer Kooperation zwischen der Technischen Universität Dortmund (LFO) und der Fachhochschule Dortmund (IDiAL). Seine Dissertation verteidigte er am 03.06.2022.
Gutachter
- Prof. Dr. Michael Henke, Technische Universität Dortmund)
- Prof. Dr. Katja Klingebiel, (Fachhochschule Dortmund)
- Prof. Dr. Michael ten Hompel, (Technische Universität Dortmund)
- Prof. Dr. Andreas Brümmer, (Technische Universität Dortmund)